Freitag, 27. Mai 2016

Kapitel 1 - Dead bodies, dead dreams

Als sie sich umdrehte, sah Maul etwas im Gesicht der Fremden, was ihn überraschte. Ihr Gesicht war schmutzig, doch ihre Augen strahlten eine Kraft aus, die er ihr nicht mehr zugetraut hatte. Er hatte mit Tränen gerechnet. Das halbe Lächeln auf dem Gesicht des Zabraks verblasste, und zum ersten Mal seit Beginn des Kampfes verspürte er Zweifel. In ihm brodelte die Kraft der toten Jedi. Krieger des Lichts, wie sie sich seit dem Anfang ihres Ordens nannten. Ihre kühle Stärke wurde so schnell verzerrt von seiner lodernden Macht. Selbst im Augenblick ihres Todes waren sie noch kühl und leicht gewesen.
Doch diese hier war anders. Eine Padawan, eine Schülerin, so wie er. Und er konnte ihren Zorn durch die Macht spüren, ihren Hass, der sich gegen ihn und alles, wofür er stand richtete. Ihre Angst, die sie schwach machte, ihre Trauer, die sie auffraß.
In diesem Moment war sie ihm ähnlich, so viel ähnlicher als den Leichen im Wald. Nur noch ein Schritt, ein winziger Moment und sie wäre so dunkel, wie er es war und würde nie wieder den falschen, blinden, beschnittenen Lehren anhängen.
Er spannte sich an, und hob das Lichtschwert erneut. Eine seiner Klingen begann zu surren, und er lächelte erneut.
Ein neuer, oder ein alter Schüler, für seinen Meister würde nun etwas abfallen.
Das Surren zweier Klingen sauste durch seine Ohren, als sie das Lichtschwert ihres Meisters aktivierte. Eine grüne und eine rote Klinge. Eine Padawan und ein Schüler der Sith.
Noch waren sie zu weit weg, während sie sich nicht rührte, begann er einen Kreis abzuschreiten, ohne sie aus den Augen zu lassen, ein tänzelnder Seitwärtsschritt nach dem anderen, ohne die Distanz wirklich zu verringern. Dann blieb er stehen.
Sein Lächeln war wiedergekehrt, ihr Hass war unvermindert. Er konnte ihre Angst spüren, von der er sich nährte, wie so viele Sith es taten. Er atmete sie ein, sie gab ihm die Kraft, die er bei dem Kampf gegen die Jedi verloren hatte – sie waren voller kalter Energie gewesen, doch diese Angst war um ein vielfaches belebender.
Er konnte ihren Blick auf sich spüren, ihre großen, menschlichen Augen klagten ihn an. Er genoss dieses Gefühl. Die Jedi hatten sich zu lange für mächtig gehalten. Heute hatte er begonnen seine Maske fallen zu lassen. Und nun hatte eine Jedi Furcht vor ihm. Einem Zabrak, einem Schüler der Macht, einem heranwachsenden Sith.
Ihre Haltung verriet, dass sie es gewohnt war, mit einem zweiten Lichtschwert zu kämpfen. Eine Schwäche, die er mehr unterbewusst registrierte, denn er war auf ihr Gesicht fixiert. Die Muskeln und Sehnen an ihrem Hals spannten sich an, ihre Atmung ging schwer, ehe ihr Mund sich zu einem stummen Schrei verzog und sie auf ihn zu stürmte. Es dauerte nur wenige Sekunden, ehe sie bei ihm war, und noch im Lauf hob sie die grüne Klinge für eine erste Attacke. Von links oben sauste die Schneide des Schwertes auf seinen Kopf herab, doch die Parade stellte für ihn ein leichtes dar. Die Wucht des Zusammenpralls allerdings ließ ihn einen Schritt zurück machen und vor Überraschung weiteten sich seine Augen. Die Padawan setzte schnell nach, sie stach zu, zielte auf seine Körpermitte und er konnte nur knapp parieren. Immer weiter drängte sie ihn in die Defensive, und schrittchenweise zurück. Nicht, weil ihre Kampftechnik besonders ausgefeilt war, sondern weil sie rücksichtslos kämpfte und sich von ihrer Wut leiten ließ. Maul selbst spürte die Wunde an seinem Arm, die ihm zu schaffen machte und verlangsamte, als ihm ein wesentlicher Fehler in ihrem Kampfstil auffiel: Sie benutzte das Schwert, als habe es Gewicht.
Sie wirbelte ihre Klinge wie ein Gitter aus Laderfaden um ihren Körper herum, doch sie schlug und stach nach ihm, als wäre die Klinge schwer, und sie müsse ihre Muskeln einsetzen um sie zu kontrollieren, nicht ihre Sinne. Maul wirbelte herum und stand mit dem Rücken zu ihr, spürte, wie ihre Irritation ihm zur Hilfe eilte, während sie ziellos mit der viel zu langen Klinge in der Luft stocherte. Erneut wirbelte er herum und sie trafen sich wieder, eine winzige Sekunde lang starrte er in ihr Gesicht; Schweiß rann von ihrer Stirn. Sie duckte sich unter seiner Attacke weg, gab ihm damit ihre Beine preis und schlug einen Salto, kam hinter ihm zum Stehen. Das erneute Erwachen ihres Lichtschwertes kostete sie wertvolle Zeit, in der er seine Deckung vorbereiten konnte. Zweimal schlug sie ins Leere, als er mit minimalen Machtsprüngen zurückwich, ehe sie soweit nachgesetzt hatte, dass sich die Klingen wieder trafen. Doch der Schlag war so wuchtig, dass er ihn erneut weit nach hinten drängte. Als sie erneut einen Salto schlug, nutzte er die Chance und trat ihr in den Unterleib. Ihr Lichtschwert erlosch und sie stolperte.
Mit dem Rücken zu ihr verharrte er einen Moment um zu Atem zu kommen, ehe er den Kopf nach hinten drehte, als Geräusche ausblieben. Sie stand noch genauso da. Ihre Schultern bebten, ihr Oberkörper war leicht gebeugt. Dann drehte sie sich um und schlug zu. Ins Nichts. Die Klinge zog gut eine Handbreit an ihm vorbei. Und auch der nächste Schlag traf ihn nicht.
Sie schlug beinahe grotesk heftig ins Leere, und erst nach drei weiteren Schlägen war er zum Ausweichen gezwungen. Er duckte sich weg und attackierte sie nun seinerseits. Sie als ebenbürtig zu sehen hatte er lange aufgegeben. Er war ein Meister, sie war ein schwächlicher Schatten all dessen, was man ihn gelehrt hatte. Selbst für eine Jedi war sie schwach, für die Sith war sie absolut wertlos.
Mit einigen schnellen Schlägen unterwanderte er ihre Verteidigung und kam ihr wieder näher. Nach einer überraschenden Drehung verpasste er ihr einen mächtigen Schlag auf den Rücken, der sie bewegungsunfähig vornüber kippen ließ. Ihr Lichtschwert erlosch, er selbst machte drei Schritte, um seinen Schwung auszulaufen.
Sie war noch nicht tot, das spürte er. Aber ihre Kräfte schwanden. Ihr Zorn war verraucht und etwas anderes war an seine Stelle getreten, was ihre Aura verfärbte. Kapitulation.
Maul schloss für eine Sekunde die Augen und gönnte sich ein Lächeln. Eine Sekunde zu viel. Als er sich umdrehte, hatte die Jedi sich wieder erhoben und zu einem gewaltigen Machtschlag ausgeholt, den er nur noch abwehren konnte. Die Wellen prallten an ihm ab, wie an einem Brecher in einer Bucht und er entsandte einen stärkeren Schlag, geboren aus ihrer eigenen Verzweiflung. Doch auch sie riss die Arme hoch und wehrte es ab, mehr noch, sie schickte einen erneuten Schlag, der sich mit seinem zweiten traf. Maul fühlte, wie die Welle explodierte und intensivierte die Kraft – wie auch sie.
Eine grelle Explosion – unsichtbar für die Augen, doch sein Körper wurde erschüttert und von der puren Kraft von den Füßen gerissen. Als er sich wieder aufrichtete, spuckte er Sand aus. Der Untergrund war von ihrem Kampf aufgewühlt, doch wenigstens trocken. Mühsam stemmte er sich hoch und kam wieder auf die Beine, machte große, schnelle Schritte auf sie zu und machte den verlorenen Boden gut. Er wollte dieser Sache ein Ende setzen. Jetzt.
Ihr Lichtschwert war ihr fast aus der Hand geglitten, ihr Körper war verdreht, wenn auch nicht so, wie bei einer Toten. Sie kämpfte sich auf die Beine; sie musste höllische Schmerzen haben. Die Explosion der Macht hatte sie geschwächt und er wollte es hinter sich haben. Als sie sich beinahe aufgerichtet hatte, griff er mit der Macht nach ihr aus und packte sie an der Kehle. Sie würgte und atmete rasselnd. Maul konnte das Pulsieren ihrer Kehle an seiner Hand spüren, spürte die Kraft, wie sie ihn durchflutete und zwang sie auf die Knie. Sie kämpfte verzweifelt gegen ihn an, knurrte und in ihren Augen stand erneut der reine Hass. Er holte mit dem Lichtschwert aus.
Und das Brennen in seinen Augen erlosch. Er fühlte sie. Ihren Geist, ihren Verstand. Sie waren sich ganz nahe, obwohl sie immer noch vor ihm kniete.
Maul ließ das Lichtschwert sinken, und seine eigene Klinge erlosch. Das Flehen in ihren Augen, das Flehen in ihm war so groß. Er kannte dieses Gefühl nicht, und kannte es doch. Er erinnerte sich an andere Augen. Den Blick seiner Mutter, als Darth Sidious ihn gewählt hatte. Wie sie den Menschen angefleht hatte, ihn nicht zu nehmen. Und der rote Schleier, der ihren Kopf von den Schultern getrennt hatte.
Maul spürte, wie etwas in ihm selbst zerriss, mehr auf eine abrupte, als wirklich schmerzhafte Weise. Er sackte für eine Sekunde in sich zusammen, als habe man ihn, gleich einem Droiden, von seiner Energiezufuhr getrennt. Sein Machtgriff erschlaffte und sie sank zu einem unförmigen Haufen auf dem Boden zusammen; und das seltsame Empfinden, diese Verbundenheit zwischen ihnen beiden, erlosch.
Maul zuckte zurück. Sie hatte ihn berührt. Durch die Macht hatten ihre Körper, ihre Wesen, wie sie von der Macht wahrgenommen werden konnten, einander berührt. Sie hatte sein innerstes, natürlichstes Selbst gesehen. Etwas intimeres war kaum möglich, und eine solche Berührung war in den meisten Fällen äußerst gefährlich – ganz zu schweigen davon, dass es eine Art der Machtnutzung war, die die Jedi ächteten, ebenso wie alles, was mit individuellen Kontakten zutun hatte. Und doch tat sie es. Wer hatte sie das gelehrt? War sie etwa keine Jedi? Unmöglich. Einer der Toten hatte sie Padawan genannt, ihre Kluft, ihr Auftreten, ihre Präsenz in der Macht hatten vom Selbstverständnis einer Jedi gezeugt.
Neben sich hörte er das Summen der Beobachtungsdrohne, die näher kam.Sein Meister vertraute ihm nicht genug, um ihn aus den Augen zu lassen. Maul konnte nicht einmal sagen, dass dieses Misstrauen nicht gerechtfertigt sei. Wäre er an seiner Stelle, würde er sich selbst auch nicht vertrauen. Doch Sidious' kurze Leine machte ihn wütend. Er hatte sich jahrelang absolut ergeben gezeigt. Er war das Messer der Sith, der Kriegshammer, nach dem er benannt war. Ein Mörder, Attentäter und ein Schatten, dessen Name nicht einmal bekannt war.
Und doch traute Sidious ihm nicht. Nicht einmal das, er bildete ihn nicht einmal bis ganz zum Ende aus. Maul schuldete ihm absoluten Gehorsam, und den erwies er ihm auch. Aber wofür? Warum? Er hatte sich diese Fragen lange nicht mehr gestellt. Nein, nicht 'lange nicht mehr'. Er hatte sie sich nie gestellt. Doch durch den Riss in ihm fluteten so viele Fragen, Gefühle und Erinnerungen, die er noch nicht kannte, noch nie erlebt und noch nie gefühlt hatte. Als habe man ihm eine Tür geöffnet, einen Weg gewiesen zu einer neuen Form der Wahrnehmung.
Darth Sidious' Hologramm, das klein vor ihm in der Luft erschien, riss ihn aus seinen Gedanken. „Maul“, sagte die kratzige Stimme. Der Zabrak hatte nicht einmal eine grobe Ahnung, wo genau sein Meister gerade war, aber ganz offensichtlich war Sidious, egal wo er denn war, nicht zufrieden mit ihm. „Führ' es zu Ende!“ Die Stimme des Holobilds war ungeduldig und befehlsgewohnt. Doch Maul zögerte. „Tu es!“, befahl der Sithlord. Maul schaltete sein Laserschwert ein und hob es über seinen Kopf. Die junge Jedi würde keine Chance haben, wenn er es jetzt auf sie niedersausen ließ. Wie den Jedi mit der Atemmaske würde es sie spalten und einen grauenhaften Torso hinterlassen. „Worauf wartest du?!“, Lord Sidious klang nun wirklich ungehalten. Und die Stimme hallte in ihm wieder. Worauf wartete er? Wieso verschwendete er seine Gedanken, wieso dachte er überhaupt? Denken war nicht seine Aufgabe, aber das Licht in ihm ließ ihn denken. Doch auch seine Gedanken bestätigten, was er zutun hatte.
Maul schloss die Augen und atmete tief durch. Er fühlte, wie die Macht in ihm prickelte und um ihn herum waberte, er nahm die Aura der Jedi wahr, und spürte das Universum. Er holte aus und traf sein Ziel, das, wie ein zerstörtes Spielzeug in zwei Hälften zerfiel und auf den sandigen Untergrund aufprallte.
Das Holo erlosch, und Mauls Bernsteinaugen blickten auf die Trümmer des Spionage-Droiden, durch den sein Meister ihn solange kontrolliert hatte. Sein ehemaliger Meister. Sollte Sidious ihn finden, würde er ihn für diesen Verrat töten. Er musste verrückt geworden sein. Verrückt, ja, aber Maul wollte leben. Und er wollte die junge Jedi nicht hier lassen, außerdem brauchte er sie wahrscheinlich. Kurzerhand hob er sie hoch und warf sie, wie einen Sack Rüben, über seine Schultern. Bis zu dem Schiff, mit dem die Jedi gelandet waren, war es nicht mehr weit. Es stand in dem anderen Stück des Waldes, doch war schon zu sehen.
Maul rannte und ließ sich von der Macht treiben, die in ihm rumorte. Er hatte etwas aus dem Gleichgewicht gebracht, das spürte er auch ohne die Ausbildung seines Meisters. Doch jetzt würde er niemals die Gelegenheit haben es zu erforschen. Er musste sich nun verstecken. Verstecken und beten, dass dieser ihn niemals fand. Schon jetzt hüllte er selbst sich in eine Aura der Unsichtbarkeit, eine Fähigkeit, die er, als Assassine, hatte lernen müssen.
Und er wusste, dass er gut war. Sidious hatte schon oft große Schwierigkeiten gehabt ihn aufzuspüren, wenn er sich tarnte. Nur der Jedi musste er es beibringen. Sie war ebenso verdammt wie er. Beinahe fühlte er sich deswegen schuldig, aber immer noch besser, als sie umzubringen. Er wollte mehr von dem erfahren, was sie getan hatte. Und, woher sie das konnte. Maul wollte Macht. Alle Macht.


CORUSCANT


Lord Sidious rieb sich das Kinn. Die Dinge hatten eine unerwartete Wende genommen, er selbst würde nun einen Abtrünnigen jagen müssen. Seinen Schüler, seine Schöpfung. Es würde schwierig werden, aber sicherlich ungemein interessant. Die Kraft, die aus einem toten Sith erwuchs war unvergleichlich und er selbst konnte etwas Abwechslung vertragen.
Der Sithlord drehte sich zu seinen leeren Gemächern um und ein böses Lächeln lag auf seinen alten Zügen. Er wusste nicht, was geschehen war, in den wenigen Sekunden, in denen das Bild ausgefallen war, doch die Jedi würden dafür bezahlen, dass sie ihm eine fast perfekte Waffe genommen hatten. Und Maul würde dafür bezahlen, dass er ihn enttäuscht hatte.
Sidious war nicht so einfältig wie Plageius; er vergab nicht. Er würde diese niedere Kreatur ausradieren.

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